UWA Position zu Alsfeld und den Flüchtlingen

Freundlich aber bestimmt!

Seit Oktober diesen Jahres ist die Berichterstattung zu der andauernden Flüchtlingswelle aus Afrika, dem Nahen Osten und Osteuropa omnipräsent. Auf allen Kanälen werden wir mit Bildern und Kommentaren überschüttet, ein Atem holen und Überlegen, wie Migration zukünftig gestaltet werden sollte, erscheint bislang kaum möglich.

Dennoch, eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema und mit den damit einhergehenden Arbeitsfeldern ist zwingend erforderlich. Die Trägheit der Politik auf Landes- und Bundesebene ist angesichts der Notwendigkeiten nur schwer zu ertragen.

Werfen wir einen Blick auf die Situation vor Ort und beleuchten wir die Aspekte vor dem Hintergrund der gesamtpolitischen Lage:

1. Fragen und Antworten zur Flüchtlingssituation in Alsfeld

1.1 Wie entwickelte sich die Flüchtlingszahl von Oktober bis heute?

Insgesamt haben bereits 750 Flüchtlinge in Alsfeld in der Großsporthalle (GSH) genächtigt. Es ist ein Kommen und ein Gehen. Es kamen bisher Flüchtlinge aus Mannheim, aus Gießen und aus Homberg. Die maximale Belegung lag bei 286 Flüchtlingen, die minimale bei 90 Flüchtlingen.

1.2 Wie viele Plätze sind aktuell belegt?

Derzeit, am 23.11.2015 sind 271 Flüchtlinge in der Überlaufstation / Notunterkunft in Alsfeld.

1.3 Wie setzen sich die Nationalitäten prozentual zusammen?

Prozentangaben haben wir nicht vorliegen. Es handelt sich vornehmlich um Syrer, Afghanen, Iraner, Eritreer und wenige andere „Sonstige“.

1.4 Wie viele ehrenamtliche Helfer sind zu koordinieren?

Städtische Helfer gibt es derzeit 121, die von Herrn Heinrich Muhl und 26 DRK-Damen unter Leitung von Herrn Bernd Braun, gemeinsam eingeplant und eingewiesen werden.

1.5 Wie hoch ist das monatliche Taschengeld pro Person?

In den Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften werden den Flüchtlingen meist neben der Unterkunft, das Essen als auch Sachleistungen wie zum Beispiel gespendete Kleider gestellt. Für ihre persönlichen Bedürfnisse erhalten sie ein gesetzlich fixiertes Taschengeld:
Alleinstehende bekommen 143 Euro im Monat. Erwachsene, die als Partner einen Haushalt teilen, bekommen je 129 Euro. Wer sonst noch im Haushalt lebt, erhält 113 Euro. Für Kinder stehen den Familien je nach Alter zwischen 85 und 92 Euro zu.

1.6 Welche Initiativen, welche Angebote, in welchem Umfang, wurden bislang gestartet?

  • wöchentlich werden mindestens 2 Deutschkurse für Gruppen bis zu 20 Flüchtlingen in der GSH,
  • wöchentlich ein Deutschkurs für Vorschulkinder 5-6 Jahre, Gruppen bis zu 12 Kinder in der Stadtschule,
  • täglich Deutschkurse für Erwachsene je nach Deutsch- und Englischvorkenntnissen in 2 bis 3 Klassen a` 7 bis 15 Flüchtlinge in der ASS, insgesamt werden so zw. 86 und 120 Flüchtlinge in der Woche unterrichtet
  • wöchentliche einmalige Betreuung von zwei Kindergruppen in Gruppen jeweils bis 12 Kinder in der GSH und auf der Erlenspielwiese,
  • wöchentliche Begegnungskaffees jeweils am Mo und Fr für jeweils 2 h im Gemeindehaus Tilemann-Schnabelhaus für Familien, Gruppen und Einzelpersonen Durchschnitt pro Treffen zw. 8 bis 20 Flüchtlingen,
  • Kunsttreffs für Kinder Malen & Basteln in der Stadtmission bereits zweimal durchgeführt Sa 2h für Kindergruppen 4 bis 9 Jahre in  Gruppen bis 20 Kinder,
  • besucht bisher mit je 50 Flüchtlingen Tanzworkshops und Tanzveranstaltungen an drei Tagen mit den Young Amerikan`s und ein Konzert vom Alsfelder Konzertchor mit 30 Flüchtlingen in der Stadtmission,
  • Betrieb DRK-Kleiderkammer in den ersten 5 Wochen jeden Vormittag 2h und Nachmittag 2h mit jeweils 4 Helferinnen und Helfern,
  • vom 09.10. bis 19.11.2015 Betrieb eines Bekleidungslagers im Baubetriebshof mit je 2 Helferinnen und Helfern pro Tag jeweils vormittags und nachmittags inkl. Umzug des Lagers vom BBH zum DRK am 19.11.2015 mit je 4 Helferinnen und Helfern ganztägig
  • in Vorbereitung sind Stadtführungen, erste Stadtführung am 04.12.15 jeweils15 Flüchtlingen; insgesamt stehen 9 Flüchtlingsstadtführerinnen zur Verfügung,
  • in Vorbereitung sind Cafe-Onlinetreffs jeweils Mo 2,5 h, Di 2,5 h, Mi 2,5 h, Do 2,5 h für Jugendliche 12 – 18 J und Mi 2h für Kinder 6-12 J,
  • Sportangebote werden derzeit vom Kreisfußballwart Herrn Quehl und Musik- und Tanzangebote werden derzeit von Frau Schweißgut und Frau Gabriel geprüft, das nächste Kammerkonzert des hr-Sinfonieorchesters soll am 16.01.2016 mit bis zu 50 Flüchtlingen besucht werden.

1.7 Welche gravierenden Probleme sind bislang aufgetreten?

1.7.1 Zunächst war die Anzahl der Dolmetscher ausreichend, da immer zwei Dolmetscher Tag und Nacht vor Ort und Dolmetscher mit hoher sozialer Kompetenz wirkten. Seit der Übernahme durch den neuen Betreiber (DRK-FULDA) sind Dolmetscher für Syrer nur vormittags für 3 h und Dolmetscher für Araber nur nachmittags für 3 h verfügbar.

Eine ärztliche Versorgung (Leiden verständlich erklären – usw.) ist somit oft nur mit überlangen Wartezeiten möglich, Abrufe über zentrale Dolmetscherpools in FULDA haben sich als unrealistisch erwiesen.

Die  Reaktionszeiten sind zu lang, dies funktioniert nur bei vorhersehbaren, geplanten Vorhaben (aber nicht bei unangekündigten Bus-Transporte, Ankommen von fremden Flüchtlingen, Gesundheitsproblemen, Medikamenteneinnahmen, usw.) Dolmetscher haben keine Zeit, Angebote auf Flyer zu übersetzen, haben nicht genug Zeit um für Angebote zu werben, usw.

1.7.2 Sitzstreiks von unzufriedenen syrischen Flüchtlingen (Schlägerei in Homberg zw. AFG und SYR) wegen angeblich zu kalter Halle, schlechtem Essen und dreckiger Halle ohne Tageslicht!

1.7.3 Tätliche Auseinandersetzungen von mindestens 5 Asylbewerbern am Alsfelder Bahnhof. 4 Personen wurden hierbei leicht verletzt.

1.8 Wo besteht Verbesserungsbedarf?

Überall.

2. Wie steht die Politik bislang zur Problematik?

2.1 Zuständigkeit

Die sachliche Zuständigkeit für die Durchführung aller notwendigen Maßnahmen obliegt dem Vogelsbergkreis. Landrat Manfred Görig hat in den durchgeführten Bürgerversammlungen -keine- Zweifel daran aufkommen lassen, wer hier „den Hut“ aufhat.

Alsfelds Bürgermeister Stephan Paule hat ebenso klargestellt, dass die Stadt Alsfeld hilft, wo sie kann. Stadtrat Heinrich Muhl koordiniert mit hohem Zeitaufwand die eingesetzten Helfer und sorgt ebenso wie seine ehrenamtlich wirkenden Mitstreiter unentgeltlich für ein möglichst reibungsloses Procedere. Von ihm stammen die Antworten auf die oben gestellten Fragen, da er vor Ort den nötigen Überblick hat.

2.2 Kostenerstattung durch Bund und Land

Land und Bund haben die Kostenpauschalen für die Flüchtlingsunterbringung und -versorgung auf ein zunächst ausreichendes Maß erhöht, so dass der Eigenanteil des Kreises auf ein erträgliches Minimum reduziert ist.

Es bleibt jedoch abzuwarten, ob hier nicht nachgeregelt werden muss.

3. UWA-Position

Innerhalb der UWA hat die Diskussion sehr schnell die Eckpunkte fixiert, auf deren Grundlage alle weiteren Schritte zu beurteilen sind:

  • alle Gesetze zur Flüchtlingsfrage und damit einhergehende Erlasse, Verordnungen und Maßnahmen müssen auf den Grundlagen des Grundgesetzes stehen
  • der Gleichstellung von Mann und Frau ist ohne jegliche Einschränkung Rechnung zu tragen
  • ein sofortiger Zugang zu Kursen zur Erlernung der deutschen Sprache ist sicherzustellen
  • ein sofortiger Zugang zum Arbeitsmarkt ist zu ermöglichen
  • die Integrationsbemühungen sind in Form eines „aktiven Begleitens“ auch über den Zeitraum der Erstaufnahme fortzusetzen
  • Nichtasylberechtigte sind in einem beschleunigten Verfahren in ihre Herkunftstländer oder sichere Drittstaaten zurückzuweisen.

Diese grundsätzlichen Erwägungen sind über einen „Masterplan Integration“ auszuformulieren und umzusetzen.

4. Vorläufige Schlussfolgerung

Mindestens 350.000 Asylanträge liegen z.Zt. unbearbeitet „auf Halde“. Eine weitere Million dürfte zumindest mittelfristig hinzukommen. Zwar wirbt Innenminister de Maizare damit, 1000 neue SachbearbeiterInnen neu eingestellt zu haben, vorausschauend und ausreichend ist dies nicht. Die gesetzlichen Regelungen sind denen der Schweiz und Hollands anzupassen.

Asylberechtigte sind ohne zeitliche Sperrzeiten unverzüglich in Deutsch- und Fortbildungskursen auf die deutsche Leitkultur und den deutschen Arbeitsmarkt vorzubereiten.